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Dichter Mácha mit 26 Jahren gestorben

Dichter Mácha mit 26 Jahren gestorben

Litomerice - Letzter Halt des romantischen Dichters Karel Hynek Mácha, Namensgeber des Máchasees

"Spätabend war´ s - der erste Mai, Ein Abendmai - der Liebe Zeit. Zur Liebe lud des Täubchens Schrei, wo Kiefernhain die Düfte streut." Kaum würde man heute berühmtere Verse in der tschechischen Literatur finden, als diesen Anfang des dramatischen Gedichts "Der Mai" von Karel Hynek Mácha. Zu seinen Lebzeiten wurde der Dichter jedoch gar nicht verstanden und nur von wenigen Freunden anerkannt. Sein Leben war übrigens sehr kurz. Es endete in der nordböhmischen Stadt Litomerice/Leitmeritz.

Eines schönen Altweibersommertages im Jahr 1836 brach der 26jährige Dichter Karel Hynek Mácha von Prag aus auf und begab sich in die etwa 65 Km nordwestlich von Prag entfernte, am Ufer der Elbe gelegene Stadt Leitmeritz. Er wanderte zu Fuß über Knoviz und Hobsovice, wo er sich zu Kirchweihfesten aufhielt, und traf am 29. oder 30. September in Leitmeritz ein. Was bewegte diesen geselligen Mann dazu, Prag und seinen Freundes- und Künstlerkreis zu verlassen? Es gab wohl mehrere Gründe dafür. Er erlebte in der Hauptstadt den Misserfolg seines großen Gedichtes "Der Mai" und die damit verbundene Enttäuschung.

Auch sein Privatleben bereitete ihm Sorge - bald sollte sein uneheliches Kind zur Welt kommen, das seine Geliebte Lori Somkova bekommen sollte und es traten Differenzen mit den Eltern auf. Eine Arbeitsstelle in Leitmeritz bot daher den erwünschten Ausweg aus seiner Lage. Einzelheiten zu seinem Leben in Leitmeritz hat mir kürzlich Frau Dr. Ludmila Ruzenecka vom dortigen Regionalen Museum, Autorin einer Ausstellung in Máchas Sterbehaus, erzählt: "Er verlebte hier nur sechs Wochen. Er traf hier nach dem Abschluss seiner Jurastudien, im September 1836 ein. Er kam auf Empfehlung seiner Bekannten. Sein Freund Strobach empfahl ihm die Unterkunft in diesem Stübchen, das damals dem Weinkellerbesitzer und Schuster Lorenz gehörte. Und gleichzeitig bekam Mácha hier Arbeit beim Rechtsanwalt Duras, der ein Verwandter eines anderen Freundes Máchas war."

Es waren also vor allem praktische Gründe und persönliche Beziehungen, besonders die Empfehlung seines Freundes, die Mácha nach Leitmeritz führten. "Es war wie heute. Er wusste, dass er sicher geht, dass er eine Arbeitsstelle bekommt, die relativ gut bezahlt wird und eine Wohnung. Er wollte selbständig werden, weil er und Lori die Geburt ihres Kindes erwarteten. Der Junge wurde am 1. Oktober geboren. Mácha wollte hier Fuß fassen, Lori heiraten und die Familie "offiziell" gründen. Dass dies schließlich nicht gelang, lag an seinem schlechten Gesundheitszustand."

Mácha ging voller Optimismus und Hoffnung in die neue Stadt. In den ersten Wochen fühlte er sich dort aber nicht besonderswohl. "Er fühlte sich hier allein, war einsam. Es blieben zahlreiche Briefe an seine Familie erhalten, die voller Klagen und vorwurfsvoller Fragen waren: warum schreibt Ihr mir nicht, warum besucht Ihr mich nicht." Doch trotzdem erklingt aus seinen Briefen aus dieser Zeit ab und zu auch Optimismus. Von seiner Wohnung war er z.B. außerordentlich begeistert. Er bewohnte zwei kleine Zimmer im ersten Stockwerk des Hauses. Die Wohnung war schlicht, was daran jedoch faszinierend war, war die Aussicht. Über den breiten Elbe-Fluss unter dem Fenster schaute er auf die Landschaft des Böhmischen Mittelgebirges hinaus. An einen Freund schrieb Mácha, er habe eine der schönsten Wohnungen gefunden, die er kenne. Die Burg Hasenburg - bzw. seine liebe Burg Hanzburek, wie Mácha schrieb -, die er auf seinen Wanderungen lieb gewonnen hatte, konnte er von seinem Bett aus betrachten. Obwohl - vom Bett kann eigentlich nicht die Rede sein, denn die Einrichtung war sehr bescheiden. "Er hatte gar nichts. Aus seinen Notizen geht hervor, dass ihm sein Hausherr einen Strohsack und ein Federbett auslieh. In der Woche, als er gestorben ist, fuhr auf der Elbe von Prag aber bereits ein Schiff mit seinen Möbeln. Diese trafen hier jedoch nie ein."

Nicht nur Sorgen um Lori und den Sohn, nicht nur finanzielle Sorgen, sondern auch Sorgen um seine eigene Gesundheit erschwerten die Anfänge des jungen Juristen in Leitmeritz. Er fühlte sich nicht wohl. Darüber hinaus ging der warme Altweibersommer vorbei und es wurde wesentlich kälter. Und dann kam der 23. Oktober:
"In dieser Zeit, als er sich schwach fühlte, brach ein Brand in Leitmeritz aus. Er erblickte ihn von dem Berg Radobýl aus, wo er gerade spazieren ging, und war als einer der Ersten vor Ort zum Löschen. Wahrscheinlich hat er sich dabei überanstrengt, und auch das Wasser, dass er dabei trank, war nicht in Ordnung. In der Nacht vom 5. zum 6. September, um drei Uhr morgens, ist er gestorben. Über die Todesursache herrschen zahlreiche Spekulationen. Am wahrscheinlichsten klingt jedoch, dass er an Cholera starb."

Mácha wurde in Leitmeritz bestattet. An seinem Grab wurden später alljährlich Gedenkfeiern veranstaltet. Auf den Dichter, der als ein großer Wanderer bekannt war, wartete jedoch noch eine große Wanderung. "Im Oktober 1938 wurden seine sterblichen Überreste angesichts der Okkupation exhumiert und nach Prag gebracht. Am 7. Mai 1939 fand eine Neubestattung Máchas auf dem Ehrenfriedhof oben auf dem Vysehrad statt, die zu einer großen nationalen Manifestation wurde."
Auf dem Vysehrad fand auch die Studentenversammlung am 17. November 1989 statt. Gerade mit der Anzündung der Kerzen an Máchas Grab begann die sog. Samtene Revolution.

In Máchas Sterbezimmer, in dem sog. Vikarka-Haus in der Nähe des Dom-Platzes in Leitmeritz, wurde bereits in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts ein Museum eingerichtet. Die Ausstellungen darin wechselten sich seitdem mehrere Male ab, die bestehende ist dort seit dem Jahre 2001 zu sehen. Neben Texten und Bildern auf zehn Tafeln finden wir dort auch einige wenige Gegenstände vor, weil von der ursprünglichen Einrichtung gar nichts geblieben ist. Wir sehen z.B. einen weißen Mantel mit einem roten Innenfutter und goldenen Knöpfen, wie ihn Mácha, der sich gerne extravagant anzog, getragen haben soll. Eine der Tafeln gilt natürlich auch dem größten Werk Máchas, dem dramatischen Gedicht "Der Mai".

Ludmila Ruzenecka dazu: "Mich persönlich hat Mácha erst im Rahmen meiner kleinen Forschungen rund um das Gedicht "Der Mai" angesprochen. "Der Mai" - dass ist bekannt - wurde von den Tschechen nicht angenommen. Mácha gab es im August 1836 auf eigene Kosten heraus. Die Auflage betrug etwa 600 Stück. Er war ein logisch denkender und sehr geschickter Mensch, der auch in die heutige Zeit gut passen würde: Er fand einen Weg, wie er den "Mai" gut verkaufen konnte, um das Geld zurück zu bekommen. Er selbst hatte nur einen Teil der Gesamtsumme zur Verfügung, einen Teil borgte ihm ein Freund und eine Teilsumme ein reicher Kaufmann aus Prag, der Nachbar von Máchas Eltern, dem der "Mai" gewidmet ist. So steht es auf der ersten Seite des Buches. Außerdem gab Mácha die Bücher in drei Kategorien heraus, eine billige Fassung, eine aufwändigere und eine auf besten Papier gedruckte. Er vertrieb sie, indem er sie an seine besten Freunde in ganz Böhmen und Mähren verschickte und an sie schrieb: Werter Freund, ich schenke dir ein Exemplar für dich und die anderen verkaufe bitte unter deinen Freunden. Während seines Lebens, das nur noch ein halbes Jahr währte, wurden leider nicht alle Exemplare verkauft. Heute handelt es sich um besonders wertvolle Exemplare."

Quelle: Radio Prag, Autorin: Marketa Maurova